Manuel Knapp, moonlight district

Manuel Knapp   
moonlight district

30. Oktober – 5. Dezember 2015

Der junge Künstler Manuel Knapp (geb. 1984, Studium an der Freien Kunstschule Stuttgart und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart) gestaltet mit Wollfäden architektonische Rauminstallationen und „black boxes“, in denen der Maßstab der Konstruktionen auf einen nur auf einer Seite offenen Kasten verkleinert wird. In beiden Fällen wird der leere Raum selbst zum gestalteten Material seiner filigranen „Fadenzeichnungen“. Die Bildsprache der komplexen symmetrischen Konstruktionen bewegt sich zwischen architektonischen Formen und Gegenständen des Alltags. Aus vielen sich überlagernden Schichten aufgebaut, entwickeln sie eine scheinbare Plastizität, die mit den Gesetzmäßigkeiten wie auch unserer manipulierbaren Wahrnehmung des realen Raumes und der alltäglichen Gegenstände darin spielt. Die dreidimensionale Natur der „Fadenzeichnungen“ bewirkt, dass sie sich bei der geringsten Verschiebung des Betrachtungswinkels wandeln, wobei die aktiven Linien die Bildtiefe verändern, Verzerrungen und Biegungen des Raumes verursachen, zu fließenden Bewegungen führen oder in ihren zweidimensionalen Aufbau zerfallen. Der Betrachter wird von diesen schwer entschlüsselbaren, flimmernden Erscheinungen gleichermaßen verwirrt wie in den Bann gezogen. Knapp setzt dabei gezielt verschiedene Mittel ein, um diese Wirkung noch zu verstärken: schwarze Konstruktionsfäden, die vor schwarzem Hintergrund fast unsichtbar werden, Schwarzlicht zur Betonung weißer Fäden, oder die Beleuchtung rückwärtiger Elemente, wodurch Vordergrundelemente optisch ungewohnt in den Hintergrund treten.

Die Installationen und Objekte erinnern in ihrer Wirkung an Monitore oder Hologramme, bestehen aber aus einfachen Materialien wie Holz, Nägeln, Wollfaden, Nylon und Dispersionsfarbe. Dennoch bewegen sich die Arbeiten physisch wie auch psychischen in Grenzbereichen: Der Grundaufbau wird teilweise am Stück bespannt, wobei hunderte Meter Faden unter gleichbleibender Spannung an den richtigen Punkten fixiert werden müssen. Ob eine Konstruktion umsetzbar ist, zeigt sich oft erst am letzten Knotenpunkt, wo sich die Teile wie bei einem Puzzle zu einem Ganzen zusammenfügen. Nachträgliche Korrekturen sind unmöglich, da die Anfangspunkte der Konstruktionen unzugänglich werden. Konzentration und Geduld des Künstlers werden in gleicher Weise strapaziert.

Analogien zu den Arbeiten anderer Künstler sind durchaus zu erkennen: der minimalistische Umgang mit Raum bei Fred Sandback, die Begeisterung für optische Täuschungen in den Fotos von George Rousse oder die meditative Arbeitsweise eines Wolfgang Laib. Dennoch entspringen die Arbeiten vor allem der persönlichen Begeisterung des Künstlers für das eigenwillige Material Faden. Mit seinen ganz bewusst einfach gehaltenen Mitteln gelingt es ihm, in optische Grenzbereich vorzustoßen. „Ich suche nach einem Bildaufbau, der nicht in die limitierte menschliche Wahrnehmung passt,“ beschreibt der Künstler seinen Ansatz. „Der den gewohnten Parametern nicht entspricht und durch das Raster des Erklärbaren fällt. Es ist eine eigenständige Suche, ein ständiges Experiment, ein freies Feld, das zur Entdeckung einlädt. Das Auge sucht stets nach dem vertrauten, realen Objekt und scheitert dabei an der Frage, was wirklich da ist und was nicht. Wenn der Verstand leugnet, was das Auge zu sehen meint: das wäre der erste Schritt in die vierte Dimension.“

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Manuel Knapp   
moonlight district

30 October – 5 December, 2015

The young artist Manuel Knapp (born 1984, studied at the Freie Kunstschule Stuttgart and the Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart) uses wool threads to create architectural room installations, as well as „black boxes,“ in which the scale of the constructions is reduced to boxes open at the front. In both cases, empty space itself is turned into the shaped material of his delicate „thread paintings.“ The imagery of these complex symmetrical constructions is situated between architectural forms and simple objects of daily life. Constructed from a series of stacked layers they develop an illusional materiality that is playing both with physical laws and with our easily manipulated perception of actual space and the objects within it. The three-dimensional nature of the „thread paintings“ effects changes in their appearance with even the slightest shifts in the viewing angle, with active lines transforming the perceived depth, creating distortions and bendings of space, initiating flowing movements or deconstructing the works to a two-dimensional state. The viewer is both disoriented and mesmerized by these difficult-to-decipher, flickering apparitions. Knapp deliberately uses various means to enhance this effect: black construction threads that become nearly invisible against the black background, black light to emphasize white threads, as well as the illumination of elements at the back, making the elements at the front optically recede to the background in an unaccustomed manner.
             
In their effect, the installations and objects recall computer screens or holograms, but they consist of simple materials such as wood, nails, wool threads, nylon and emulsion paint. Nonetheless the works operate at physical as well as psychological limits: the basic construction is frequently threaded in one go, meaning that hundreds of meter of string have to be fixed at the right points while maintaining a consistent tension. Whether a construction will actually work or not is oftentimes only revealed a the last knot, there the individual parts, like in a puzzle, come together to form a whole. Subsequent corrections are impossible as the starting points of the construction become inaccessible. This process is equally taxing for the concentration and the patience of the artist.
             
There are analogies to the works of other artists: Fred Sandback’s minimalist treatment of space, the enthusiasm for optical illusions in George Rousse’s photographs, or the meditative work process of Wolfgang Laib. Nevertheless, the main inspiration for the work remains the artist’s personal enthusiasm for his material, the thread. While deliberately keeping his materials simple, Knapp manages to push forward into new areas of optical perception. „What I am searching for is a visual construction that does not fit our limited human perception,“ the artist explains. „That does not abide by the usual parameters, that falls through the grid of the explicable. This is an independent search, a constant experiment, a free field for discovery. The eye is always on the lookout for the familiar, tangible object, but fails to answer the question of what is real and what is not. When our mind denies what our eyes seem to perceive, we reach the threshold of the fourth dimension.

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